Tag 1
Alles lief gut an. Die Anmeldeliste der Bewohner füllte sich schnell, bald standen 30 Bewohnernamen darauf.
Einige Namen waren etliche Male durchgestrichen, letztendlich dann doch klar als Mitreisende erkennbar.
Bei den Mitarbeitern gab es auch großes Interesse, allerdings passte der Termin einigen “erfahrenen Schwedenreisenden” nicht und so mussten die “Neuen Schwedenurlauber” ran. Warum auch nicht? Wir sind 4 Frauen, alle schon etliche Male dabei, und vier Männer, einer kennt sich aus auf dieser Fahrt. Naja. Das Engagement der Mitarbeiter bei den Vorbereitungen ist wie jedes Jahr riesig und alles geht seinen Gang:
Die Betreuer werden angeschrieben, die Ausweise auf Aktualität überprüft und eventuell verlängert, es gibt für jeden Bewohner einen Finanzplan, immerhin müssen 150 für die Fahrt bezahlt werden und jeder Bewohner möchte sich auch gern in Schweden etwas Besonderes gönnen. Die Bekleidung wird auf outdoortauglichkeit überprüft und gegebenenfalls ergänzt, also bei allen. Die Auslandskrankenversicherung wird für alle abgeschlossen, die Hütten in Asarum sind schon seit letztem Jahr reserviert, ebenfall die Busse für die Hin-und Rückfahrt. Es gibt 14 Häuser für und und 3 T5 Busse sind gemietet, das klingt nicht gut. Einen Bus haben wir selbst, aber 4 Busse für 38 Personen, wie das?
Gar nicht. Die Miete eines zusätzlichen Busses gestaltet sich schwierig, beim Endlostelefonieren schickt jeder Angerufene mich zu einem Anderen, der vielleicht noch einen Leihwagen für uuns hat. Endlich finde ich noch einen Bus in der Nähe, mache den Vertrag und bin sehr erleichtert. Das ist gut gelungen.
Nicht ganz, beim Abholen erweist sich der VW Bus als sehr träge, schon ohne Passagiere und Gepäck. Gepäck? Dafür gibt es keinen Platz. Also, der Bus ist nicht kompatibel mit unseren Bedürfnissen. DER GEHT NICHT. Das merken wir am Sonnabend morgen 10 Uhr. Es wird hektisch. Über Stunden versuchen wir mit mehreren Personen, einen anderen Bus zu finden. Alle haben “Vitamin B”, es hilft nicht, wo kein Bus da ist, können wir keinen Bus mieten.
Eine Firma rufen wir 1x an, Absage, dann fahren zwei von uns hin, Absage, dann ruft der Richtige an, siehe da, es gibt einen Bus für uns. Problem gelöst, Abend um 18 Uhr.
Abfahrt Sonntag morgen 5.55 Uhr. Vor einiger Zeit besuchte uns ein ehemaliger Zivi, der uns wärend seiner Zivildienstzeit auf der Schwedenuraubsreíse begleitet hatte. Er hatte seine Sache dabei sehr gut erledigt, also ist er quasi ein alter Schwedenreiseprofi, dann sagt er auch noch: ich würd gern mitfahren…. und so kommt es dann auch. Alle freuen sich.
Sonntagmorgen stehen alle so gegen 4 Uhr auf, nur nicht die Bewohner, die die Nacht durchgemacht haben. Eine Bewohnerin möchte am Morgen noch gern die eine oder andere Tasche zusätzlich mitnehmen. Das geht nicht, die Packerei am Tage zuvor war eine logistische Meisterleistung, alles ist verpackt, kein Stauraum mehr über. Dann will die Bewohnerin nicht mehr mitfahren, es bedarf etlicher Energie, damit doch noch Reiselust aufkommt, auch ohne das zusätzliche Gepäck.
5.56 Uhr fährt die Kolonne los, sie besteht aus 5 Bussen und einen Golf, der Zivi passte nicht mehr in die Busse, er fährt nun mitten in dem Konvoi mit. Wir haben gutes Wetter, sehr warm, die Hunde sind im Bus ohne Klimaanlage untergebracht und finden es sehr heiß.
Es gibt aber keinen der erwarteten Staus und trotz der stündlichen Pause kommen wir gut voran.
In Reinfeld ist das Personal von McDonalds informiert, unsere Bestellungen sind schon gemailt und als wir ankommen, ist alles für uns bereit. Superkomfort, danke an die Mitarbeiter.
Die Fähre ist dieses mal auch kein Problem für uns, niemand dekompensiert, die See ist ruhig, ein Bewohner glaubt bis zur Ankunft nicht, dass die Fähre abgelegt hat … Die Fahrt durch Dänemark verläuft völlig ohne Stress, wir sind tatsächlich ein wenig gelassen.
An der schwedischen Grenze werden wir angehalten und alle Ausweise werden gecheckt, macht nichts, alles war ja okay. Kurz bevor wir in Asarum ankommen, wird das erste Mal gefragt. “Wann sind wir da?” und es macht tierisch Spaß, zu sagen, in einer Viertelstunde und so ist es auch. 20 vor 5 Uhr sind wir hier. Alle Busse werden ausgeladen und auf die Häuser verteilt, ein Haus für 4 Personen ist leider nur eines für zwei Personen, es gibt nicht mehr Betten, aber die Situation ist schnell gelöst, ohne die Mithilfe der Mitarbeiter. Abends treffen wir uns zum Dokumentieren, besprechen kurz den Plan für Montag, dann endlich ins Bett.
Die Nacht ist absolut ruhig, niemand braucht Hilfe und so beginnt der Montag in aller Ruhe.
Unser Brötchenholer fährt wie jedes Jahr mit dem Fahrrad los, ein echter Profi. Wir frühstücken dann lecker in aller Ruhe, dann geht es zur Bank, Geld wechseln, die Gebühr fürs Wechseln ist 200 Kronen, egal, wieviel oder wenig Geld. Eigentlich dürfte die Bank nicht soviel Euro wechseln wie wir anfragen, aber es klappt, weil sie beide Augen zudrücken.
An sich wird in Schweden nicht mehr viel Geld beim Einkauf benutzt, man zahlt mit Karte, selbst die Kinder im Kiosk, wenn sie sich Lutscher kaufen. Aber bei uns geht es nicht so gut, weil viele kein eigenes Konto mit Karte besitzen. Also bar, da behält man auch – jedenfalls theoretisch- die bessere Übersicht.
Mittags machen fast alle einen Begrüßungsgang durch den Wald zum nächsten See, dem Lilla Kroksjö, wunderschön wie immer. Alle sind ziemlich gut zu Fuß, die Strecke wird recht mühelos bewältigt. Das war früher so anders.
Dann können die Bewohner ihr Geld tauschen und endlich fahren wir einkaufen. Bei manchem Bewohner war der Einkaufskorb so voll, dass das Portemonnaie nicht gut genug gefüllt war und wir aushelfen müssen. Kaffee, Pizza und Chips sind die Renner.
Später kocht ein Haus Spaghetti Bolognese und vegetarisch, immerhin für fast 40 hungrige Urlauber, die anderen Bewohner ruhen aus, fahren mit dem Kanu, angeln und haben nach einer Minute Erfolg, treffen sich zum Kaffee, stricken, schlafen – eben Urlaub. Das Essen findet an der großen Feuerstelle statt. Feuer dürfen wir aber verständlicherweise nicht machen, es hat sehr lange nicht geregnet und es herrscht akute Waldbrandgefahr. Der ganze Campingplatz staubt ungemein, der Rasen ist braun und die Blumen lassen die Köpfe hängen.
Tag 2
Als wir gerade die Nachricht hochgeladen hatten, dass alles ruhig und entspannt sei, änderte sich die Situation schlagartig. Ein Mitarbeiter kam abends mit der Aussage: in meiner Hütte ist ein Bewohner, der muss, glaube ich, ins Krankenhaus.
Seine Aussage erwies sich als theoretisch richtig. Wir konsultierten eine Ärztin in Deutschland, schickten Bilder und baten um Rat. Der Rat war abends gegen neun Uhr: Er Bewohner muss umgehend ins Krankenhaus und operiert werden. Spätestens morgen soll die Operation erfolgen.
Das Krankenhaus in Karlshamn ist ab 18.00 Uhr für Notaufnahmen geschlossen. Dafür muss man dann nach Karlskrona fahren.
Damit haben wir Erfahrungen, etliche. Also lieber nicht. Deutschland? Syke? zu Hause? Bassumer Krankenhaus? Die Herfahrt war für unsere Verhältnisse schnell, von 6.00 Uhr morgens bis ungefähr 17.00 Uhr später Nachmittag, also ca. 11 Stunden. Wir spielten einige Möglichkeiten durch, am besten erscheint uns die Möglichkeit, wir fahren morgens um 4.00 Uhr in Asarum los und ein Mitarbeiter fährt dann in Syke los. Wir verständigen uns unterwegs, wo der Treffpunkt sein wird und der Austausch stattfindet.
Als die Mitarbeiter sich um 22 Uhr schon mal schlafen gelegt hatten, um um 4.00 Uhr fahren zu können, kommt um kurz vor 23 Uhr ein Anruf aus Deutschland. Zwei Mitarbeiter hatten die Sache noch einmal überdacht. Sie sind ein eingespieltes Team, fahren gleich los, wechseln sich ab, holen den Bewohner ab und bringen ihn in Basum ins Krankenhaus. Wir rufen dort in der Zwischenzeit an und kündigen die Ankunft an, damit die Operation gleich stattfinden kann. So wurde es gemacht
Die beiden Mitarbeiter waren um halb sieben Uhr morgens hier, 10 Minuten später fuhren sie mit dem kranken Bewohner im Auto wieder ab.
Um 15.00 Uhr kamen sie im Krankenhaus Bassum an, der Bewohner war nüchtern, die Untersuchungen gingen schnell und die OP fand wenig später statt. Alles gut gegangen.
Bei uns konnte der Urlaub einfach so weiter gehen, was für ein Geschenk der beiden Transporteure, anders hätte es den ganzen Urlaub beeinträchtigt. Zwei Mitarbeiter für zwei Tage anders beschäftigt, das macht viel aus.
Natürlich war die Stimmung zunächst beeinträchtigt, alle machten sich Sorgen um den Mitbewohner, aber nach gelungener OP wendeten wir uns konzentriert der Erholung zu.
Anscheinend ging das besonders gut beim Shoppen in der Stadt, das war für fast alle wichtig. Wir waren zwei Stunden in Karlshamn, viel zu kurz, wie wir später hörten. Aber es ist dabei schon ein großer Teil des vorhandenen Geldes unter die Leute gebracht worden. Ein Bewohner hatte sich einen ziemlich großen Teppich gekauft. Wie werden wir den bloß mitnehmen können nach Deutschland? Werden wir, denn der Teppich ist wichtig!
Einige Bewohner hatten sich im Vorfeld besonders schöne Schuhe gekauft und weil sie gerade diese Schuhe absolut toll fanden, war es dann nicht mehr so wichtig, ob es auch genau die passende Größe war. War es nämlich nicht und so fiel das Laufen damit schwer und machte Beschwerden und entsetzlich schlechte Laune. Aber es gibt auch in Karlshamn Schuhgeschäfte und so sind diese kleinen Sorgen und größere Druckstellen auch gelöst. worden.
Abends grillten wir Massen von Fleisch, für jeden das Passende, Schwein, Rind, Hähnchen und natürlich besonders leckere Gemüsespieße für die Vegetarier und Veganer. Dazu gab es viel von einem sensationell schmackhaften Kartoffelsalat, es blieb fast nichts über. Die Nacht war sehr unruhig. Einer der Hunde hatte Bauchweh, jammerte und wollte dauernd hinaus und immer, wenn ich mit dem Hund draußen unterwegs war, gleich, zu welcher Nachtzeit, war draußen jemand bereit, mich zu begleiten und mich zu unterhalten.
Für Mittwoch war Regen angesagt und tatsächlich regnete es auch, ungewohnt nach der langen Trockenheit. Wir freuten uns, es war kühl und nass. Wer unsere Tradition kennt, weiß, was jetzt kommt: bei Regen fahren wir in den Elchpark, schauen uns die Elche an und grillen uns Elchwürste auf offenem Feuer. Eine kleine Gruppe freundete sich damit nicht an und entschloß sich, eine anspruchsvolle Wald- und Felsenwanderung in der Nähe des Alljungensees zu unternehmen. Kaum dort angekommen, donnerte es kräftig und es begann zu schütten.
Die Gruppe entschloss sich ohne Zögern, die Wanderung zu machen, wurde richtig pitschnass und immer munterer und sehr gut gelaunt. Es machte in der Tat Riesenspaß, diesen Pfad miteinander zu bewältigen, sich dabei angeregt zu unterhalten und immer nasser zu werden. Es war nicht kalt und die Nässe von Kopf bis Fuß tat dem Wandererlebnis keinen Abbruch. Wir trockneten unsere Haare mit einem Handtuch ab, so gut es ging, fuhren dann nach Karlskrona, shoppten für das Abendessen bei Admiralen, Riesenladen mit u. a. gefühlt mehr als hundert Sorten leckeren Joghurt. Danach mussten wir uns bei Subway kräftigen. Das gelang.
Die Fahrt zurück nach Karlshamn verkürzte uns eine CD von Rainald Grebe. Angekommen zogen wir uns um und begannen zu kochen, Chili in drei Variationen, con carne, vegetarisch und wegen einer Allergie sehr speziell… Wir aßen gemeinsam am Lagerfeuer, es fing dann wieder an zu regnen und der Tag war auch anstrengend genug, noch die verordneten Anwendungen bei den Bewohnern, wie jeden Tag mehrmals, durchführen, noch ein paar Schreiereien besänftigen, sich noch von der Fahrt in den Elchpark bei Kosta erzählen lassen, der war auch gut, das Grillen natürlich auch.
Dann dokumentierten wir den Tag, planten die Aktivitäten für die nächsten Tage, bemerkten gar nicht richtig, dass heute schon Bergfest ist. Einige gehen noch zum Duschen, ca. 1 km entfernt…ein schöner Abendspaziergang, es tröpfelte auch nur noch. Wieso sind wir nur so müde??
Ach ja, es gab noch den Spruch des Tages: wenn gar nichts mehr geht – rauchen!
Letzter Tag
Letzter Tag in Schweden, wir hatten uns alle gemeinsam vorgenommen, den Tag ruhig und gemütlich verlaufen zu lassen, alles ohne Streß: Packen, Hütten gründlich reinigen, fürs Büffet am das Essen Abend vorbereiten,dafür natürlich zum Kvantum oder wohin auch immer fahren und shoppen, Duschkarten einsammeln, es fehlen drei, mit Bert den Zeitplan für morgen früh festlegen und alles soweit fertig machen, dass wir morgen früh einigermaßen gut loskommen. Verwegener Plan: 9.15Uhr. Das hatten wir noch nie geschafft, eher eine Stunde später. Aber das motivierte uns.
Das Wetter war wie fast immer gut, Sonne, ein paar vereinzelte Wolken, die, wenn sie die Sonne verdeckten, auch gleich den Wind merken ließen. Gestern hatten Viele auf dem Schärendampfer einen kräftigen Sonnenbrand bekommen. Fast bei allen war die sensationelle Röte von gestern in sattes Braun übergegangen, sah gut aus, sehr erholt.
Unsere Planung versprach zunächst gut aufzugehen, wäre da nicht plötzlich das psychotische Erleben einer Teilnehmerin uns allen in die Quere gekommen. Sie stand am See und sah ihre Mutter auf der anderen Uferseite sitzen. Also stürzte sie sich komplett bekleidet in die Fluten und schwamm recht mühsam -mit Kleidung und Schuhen-und doch entschlossen los. Sie hätte es niemals über den See geschafft.
Zwei unserer Mitarbeiter sind Rettungsschwimmer und waren in Sekunden zur Stelle. Sie haben die Frau mit erheblichem Aufwand bei kräftiger Gegenwehr aus dem Wasser geholt. Einige Zeit später hatte die Frau, diesmal wirklich dick angezogen, weil ihr vom Schwimmen noch so kalt war, den nächsten starken Impuls, über den See schwimmen zu wollen, weil sie ihre Mutter am amderen Ufer wieder zu sehen glaubte.
Mühsam konnten wir sie davon abhalten, wieder in den See zu springen. Stattdessen fuuhr sie mit zwei Mitarbeitern in einem Kanu über den See, um zu schauen, ob die Mutter wirklich da sei. Danach war einige Stunden Ruhe, wir hatten ein köstliches Büffet, reichhaltig und sehr lecker, alle langten mächtig zu.
Es wurde dann doch noch hektisch, die Busse füllten sich, eigentlich müssten wir doch weniger mitnehmen, sah aber nicht so aus..wohin kommt bloß der große Teppich?
Es wurde abends später und wir waren mächtig erschöpft von dem Tag.
Alle hoffen auf eine ruhige Nacht, damit wir morgen alle wieder gut nach Hause bringen können.